Ernst Jani - 30 Jahre und kein bisschen leise

07.05.2011 | Kulturelles | Keine Kommentare

Ein Bühnenjubiläum mit furiosem Programm

Im zarten Alter von 17 Lenzen schnupperte ein gewisser Ernst Jani erstmals die Luft jener berühmten Bretter, die die Welt bedeuten. Diesem Duft war er von der ersten Sekunde an derart verfallen, dass er ihn bis heute nicht mehr losließ und der gute Mann tatsächlich heuer sein dreißigjähriges Bühnenjubiläum feiert. Wie nicht anders zu erwarten hat „da Jani" eigens dafür ein neues Bühnenprogramm zusammengestellt und präsentierte es im zweimal restlos ausverkauften NUTS.

In Anlehnung an das Zitat „Die Lebensfreuden sind vergänglich - das Hühnerauge bleibt empfänglich" aus Wilhelm Buschs „Balduin Bählamm" präsentiert Ernst Jani einen kunterbunten Querschnitt durch sämtliche Lebenslagen und –situationen. Von heiter bis ernst, bisweilen grotesk und skurril, aber stets mit Niveau und Anspruch, abwechslungsreich und interessant. Wir kennen sie alle, diese Stolpersteine des Alltags: Essen (unerschöpflicher Kuriositätenkochtopf), (schöne) Frauen (logisch, wir sind ja unverzichtbarer Quell für Freud- und Beileidsbekundungen jeglicher Art), aber auch die Männer kriegen ihr Fett weg, überraschender Besuch (erwünscht oder auch nicht, Familie(ngründung), Urlaub, Schlaf(losigkeit) und (Alp)Träume und tausend andere Dinge dazwischen, die Jani da aufs Korn nimmt.

Er ist bekennender Bücherfreak, der, wie er freimütig gesteht, des Öfteren nicht nur zum persönlichen Vergnügen liest, sondern auch mit dem (Hinter)Gedanken „wie dies oder jenes wohl auf der Bühne funktionieren möge" und dabei ein gutes Auswahlhändchen beweist. So philosophiert Jani vergnügt (und ein ganz bisschen mitleidig) über „Magerquarkfanatiker, die Diätspeisekarten wie Psalmen lesen und auf der Schlachtbank der Fastenkuren grausame Kalorienopfer bringen", zeichnet ein skurriles Bild einer Urlauberfamilie, die in einer bayerischen Gastwirtschaft verzweifelt auf ihr Mittagsmenü wartet, während anderswo unerwarteter Besuch den Hausfrieden belastet, die zwischengeschlechtlichen und -menschlichen Beziehungen allerhand vergnügliches und reizvolles offenbaren und diverse Urlaubserlebnisse das Erzählerportfolio des Einzelnen erweitern, wie zum Beispiel jene: Torsten stellt fest, dass sich der seltsame Humor der Bayern oftmals in derben Beleidigungen äußert. Hans, der Hundskrüppel und Franz, der g’stingerte Suffbeutel stehen in der Metzgerei und werfen sich ungehobelte Sprüche an den Kopf. Als sich jedoch die verblüfft zuhörende Urlauberfamilie den bayerischen Gepflogenheiten anpassen will und eine entsprechend formulierte Wurstbestellung aufgibt, weht ihnen der scharfe Wind absoluten Unverständnisses ins Gesicht. Ein witzig-satirisch-mahnend erhobener Zeigefinger wider den übersteigerten und unreflektiert-wahllosen TV-Konsum ist die Geschichte vom „Fernsehzuschauer der Jahres", dessen Erfolg auf „hundert Stunden dauersehen auf sechs Bildschirmen" basiert, bei der Einem ein bisschen das herzhafte Lachen im Halse steckenbleiben möchte, fühlt sich mancher doch vielleicht ein bisschen ertappt.

In Zeiten, in denen es dem Publikum angesichts zu vieler und zu schneller Schnitte und eines nahezu unverantwortlich seichten Unterhaltungsprogrammes, zusehends schwerer fällt, sich über einen längeren Zeitraum auf eine Sache zu konzentrieren, hat Ernst Jani die besondere Gabe seine Gäste von der ersten Minute an in seinen Bann zu ziehen und sie folgen ihm willig. Er liest seine Geschichten, Gedichte und Begebenheiten nicht nur, er spielt sie regelrecht! Unterstreicht Passagen durch lebhafte Mimik und Gestik, betont Aussagen mal übertrieben, mal lässt er Worte mit leiser Stimme ihre Wirkung entfalten, mal lässt er in einer sekundenlangen Pause seinen berühmten stechenden Blick in die Runde schweifen, fast als ob er kontrollieren möchte, ob auch alle Schäflein gut aufgepasst haben. Egal ob Bekanntes von Peter Rosegger, Wilhelm Busch und Joachim Ringelnatz, unbekannteres von Wolfram Siebeck und Julius Kreis oder Sprüche, die einen kilometerlangen Bart haben: bei und durch Jani entwickeln sie quasi ein „eigenes Leben mit vielen Gesichtern". Da wird sogar ein vordergründig sperriger und etwas trockener Text von Kurt Tucholsky zum heiteren Erlebnis. Ernst Jani erzählt der Reihe nach, vom Anfang bis zum Ende und thematisch gebündelt, immer interessant, spannend und mit viel Herzblut ohne verwirrend-sprunghafte Abweichungen und Überkreuzungen und vielleicht ist gerade das das Geheimnis seines jahrzehntelangen Erfolges. Der Gast darf sich in diesem herzlichen Rahmen gut aufgehoben fühlen und mit dem begnadeten „Geschichtenspieler" Ernst Jani losgelöst von der Qual anstrengender Fernsehbilder ein Stück gemeinsamen Weges gehen.

Die Leonharder Musikanten begrüßten Ernst Jani und seine Gäste mit einem launigen fünfundvierzig-minütigen Standkonzert vor dem NUTS, das mit viel Beifall belohnt wurde und begleiteten sie am Ende der Vorstellung mit traditioneller Blasmusik ein Stück auf ihrem Nachhauseweg.



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